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Von Nico Yennaris zu Li Ke: Chinas Plan mit Einbürgerungen

"Es war mir eine Ehre und ein erfüllter Traum"

Von Nico Yennaris zu Li Ke: Chinas Plan mit Einbürgerungen

Schrieb in China Geschichte: Nico Yennaris alias Li Ke.

Schrieb in China Geschichte: Nico Yennaris alias Li Ke. Getty Images

Vor dem Länderspiel gegen die Philippinen steht Li Ke neben seinen Mitspielern und singt den "Marsch der Freiwilligen", die Nationalhymne Chinas. Die Hymne sei das Erste gewesen, was er auf Chinesisch gelernt habe, sagt Li Ke, der eigentlich Nicholas Yennaris heißt. Yennaris, 26 Jahre alt, ist unweit von London geboren, wurde fußballerisch beim FC Arsenal ausgebildet und spielte von 2014 bis 2019 in Brentford. Seit diesem Jahr ist der defensive Mittelfeldspieler für Beijing Guoang aktiv - und neuerdings chinesischer Nationalspieler.

Ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte.

John Hou Saether alias Huo Yongyong

Damit schrieb Yennaria alias Li Ke Geschichte: Der frühere englische Junioren-Nationalspieler, dessen Mutter Chinesin ist, ist der erste eingebürgerte Nationalspieler Chinas und soll helfen, den Fußball im Reich der Mitte auf Vordermann zu bringen. Doch nicht nur er: Aus dem ehemaligen norwegischen U-18-Akteur John Hou Saether wurde Huo Yongyong - ein "Angebot, dass ich nicht ablehnen konnte", habe den 21-Jährigen davon überzeugt, künftig für China zu spielen.

Der chinesische Verband (CFA) plant jedoch größer, umfangreicher und mit Kalkül. Die Einbürgerungswelle schwappt nämlich von chinesisch-stämmigen auf Spieler anderer Nationalitäten über. Nationaltrainer Marcello Lippi hatte sich unlängst "echte Schwergewichte" für den Angriff gewünscht. Diesen Wunsch soll er nun erfüllt bekommen.

Nun sollen die Brasilianer folgen

Im Fokus stehen hier vor allem die in der Super League spielenden brasilianischen Edeltechniker. Beispiel gefällig? Die Einbürgerungsverfahren bei den Stürmern Elkeson und Ricardo Goulart sind derzeit am Laufen. Weil beide lange genug in China spielen und nie für die Selecao in einem Pflichtspiel aufliefen, erfüllen sie die FIFA-Kriterien für eine internationale Spielberechtigung. Mit dem Duo hätte China rechtzeitig vor Beginn der WM-Qualifikation im September den vielleicht besten Angriff Asiens.

Es war mir eine Ehre und ein erfüllter Traum für mich, das Nationaltrikot überzustreifen und für mein Land zu spielen.

Nico Yennaris alias Li Ke

Durch das in China äußerst selten genutzte Mittel der Einbürgerung - laut Economist lag die Zahl der Eingebürgerten bei der jüngsten Volkszählung (1,3 Milliarden Einwohner) 2010 bei 1448 - schlägt die Fußball-Politik gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Neben zusätzlichen Möglichkeiten für die Nationalmannschaft können die Super-League-Klubs die Ausländerobergrenze nun leicht umgehen.

Flagge und Hymne als Grundvoraussetzung

Neben gewissen Anpassungen an Verbands-interne Verordnungen (u.a. Tattoo-Bann für Nationalspieler) ist eine Voraussetzung einer erfolgreichen Einbürgerung Kulturunterricht. Die Profis müssen die Flagge erkennen und die Hymne beherrschen. Auch Geschichte und Theorien der KP müssen Anwärter in Grundzügen kennen. Die Vereine sollen den Profis dabei helfen, "patriotische Gefühle zu entwickeln". Bei Li Ke respektive Nico Yennaris hat das offenbar geklappt. "Es war mir eine Ehre und ein erfüllter Traum für mich, das Nationaltrikot überzustreifen und für mein Land zu spielen", schrieb er nach seinem 55-Minuten-Debüt im sozialen Netzwerk Weibo. Der Lohn: Vier Tage später wurde der Mittelfeldmann gegen Tadschikistan (1:0) immerhin eingewechselt.

kög/sid