Schluss mit 24
Der bayerische Schwabe aus Krumbach kann keine große Spielerkarriere vorweisen. Über die Jugend des FC Augsburg landete Tuchel bei den Stuttgarter Kickers (acht Zweitligaspiele), um dann 1994 zum zwischenzeitlich von Ralf Rangnick trainierten SSV Ulm in die Regionalliga (damals dritthöchste Liga) zu wechseln. Wegen einer Knorpelverletzung war für den Verteidiger schon mit 24 Jahren Schluss.
Als "Co" zum ersten Titel
So entschied sich Tuchel für eine Trainerkarriere, zunächst im Jugendbereich. Mit den A-Junioren des VfB Stuttgart - unter anderem mit Sami Khedira und Andreas Beck - wurde Tuchel 2005 als Co-Trainer Deutscher Meister.
Note 1,4
Tuchel schloss seine Ausbildung zum Fußballlehrer mit 1,4 ab, blieb zunächst Juniorentrainer. Erst in Augsburg, dann bei Mainz 05. Im Jahr 2009 gewann er mit den Rheinhessen die A-Junioren-Meisterschaft, diesmal als Hauptverantwortlicher.
Der Privatmensch
Tuchel hat zwei Töchter, von seiner Frau lebt er getrennt. Der 1,90 Meter große Schlaks hat ein BWL-Studium mit Diplom abgeschlossen. Er spielt gerne Tennis, interessiert sich für Südamerika und für vegane Ernährung. Nachts geht er gerne joggen, um den Kopf freizubekommen.
Sabbatjahr
Nach seiner Station in Mainz legte er zwischen 2014 und 2015 ein Sabbatjahr ein. Er nutzte die Zeit, um sich weiterzubilden, tauschte sich mit Trainern aus anderen Sportarten aus und traf sich mit dem damaligen Bayern-Coach Pep Guardiola.
Die Bayern-Bilanz
In seinen ersten drei Spielzeiten als Bundesliga-Coach von Mainz konnte er pro Saison je einmal gegen die Bayern gewinnen. Der größte Erfolg gegen die Münchner war aber das 3:2 mit Dortmund auswärts im Pokalhalbfinale 2016/17. Doch es gab auch eine schmerzhafte Niederlage: Mit Paris St. Germain verlor er das Champions-League-Finale 2021 gegen den FCB.
Mal Diktator ...
Zum Thema
Tuchels Verhältnis zu seinen Spielern galt früher mitunter als schwierig. Der Mainzer Ex-Keeper Heinz Müller bezeichnete ihn in einem kicker-Interview einmal als "Diktator", viral ging ein Trainings-"Anpfiff" in Richtung Shawn Parker ("Hier noch ein Trick, da noch ein Trick und da noch eine Idee! Und keine einzige klappt davon!"). Im November 2016 kritisierte Tuchel sein Dortmunder Team scharf ("Taktisch, technisch, mental - ein einziges Defizit"). Seine heftige Kritik am Spieltermin nach dem Attentat auf den BVB-Bus im April 2017 verschlimmerte das Verhältnis zu den Bossen, speziell zu Hans-Joachim Watzke. Tuchel stieß trotz seiner Erfolge nach zwei Jahren beim BVB auf allen Ebenen auf Widerstand. Auch mehrere BVB-Spieler rebellierten offenbar in seiner Dortmunder Zeit gegen den Coach, eher er nach der Saison 2016/17 den Hut nehmen musste - und das als frischgebackener Pokalsieger.
... mal Intelligenzbestie
Doch Tuchel hat sich offenbar weiterentwickelt, kommt auch mit Starensembles wie in Paris oder Chelsea bestens zurecht. Gianluigi Buffon schwärmt zum Beispiel in den höchsten Tönen. "Ich habe nur wenige Leute kennengelernt, die so intelligent sind", sagte er bei "Bobo TV". Zudem habe er es geschafft, sofort ein Gefühl für die Kabine zu entwickeln. "So etwas habe ich nur selten erlebt: Er zeigt Einfühlungsvermögen, kommt dadurch glaubhaft rüber und sendet positive Energie aus ... wunderschön."
Von Badstuber Senior inspiriert
Tuchel gilt als vielseitiger Taktikfuchs, der viele Spielsysteme in seinem Repertoire hat und einer Mannschaft schnell Strukturen verleihen kann. Einer seiner Trainer-Mentoren war übrigens der 2009 verstorbene Hermann Badstuber, Vater von Bayern Münchens ehemaligem Verteidiger Holger Badstuber.