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Neumayer im Interview: "Wir müssen jetzt sehr demütig bleiben"

Horn ist vorn

Neumayer im Interview: "Wir müssen jetzt sehr demütig bleiben"

Horn-Kapitän Andree Neumayer ist für den weiteren Saisonverlauf vorsichtig zuversichtlich.

Horn-Kapitän Andree Neumayer ist für den weiteren Saisonverlauf vorsichtig zuversichtlich. GEPA pictures/Edgar Eisner

2018 führte Carsten Jancker den SV Horn in die 2. Liga. Seither wechselten die Waldviertler zehnmal den Trainer und belegten am Saisonende die Plätze 15, 13, 15 und 13. Diesmal bestätigten die Niederösterreicher im Sommer ihren Coach Rolf Landerl und führen nach drei Spieltagen ohne Punkteverlust die Tabelle an.

Stets mit von der Partie war Andree Neumayer. Im Interview mit dem kicker verrät der Kapitän, warum die Horner alle drei Siegtore in der Schlussviertelstunde erzielten und das Match gegen Titelkandidat Blau-Weiß Linz sogar noch drehten; und warum er glaubt, dass die Horner im Gegensatz zum vergangenen Jahr, als sie ebenfalls furios gestartet waren, diesmal nicht wieder abstürzen werden.

Herr Neumayer, herzliche Gratulation zum tollen Saisonstart. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Danke erstmal. Ja, in Horn wird jetzt mehr auf Konstanz gesetzt. Die Stammspieler aus der letzten Saison sind gehalten worden. Der Trainer geht in seine zweite Saison. Die Philsophie ändert sich also nicht und kann vielleicht noch besser umgesetzt werden. Dazu sind wir definitiv fitter und unser Kader ist in der Breite besser geworden. Das beweisen auch unsere Spiele bisher, da haben ja unsere Joker auch immer getroffen.

Warum sind Sie jetzt fitter?

Mit Rafael Pollack ist ein neuer Co-Trainer gekommen, der uns nichts geschenkt und uns in Absprache mit dem Cheftrainer gut auf die Saison vorbereitet hat. Wir sind sicher fitter als manch andere Mannschaft. Gegen Blau-Weiß Linz war das ein Schlüssel zum Sieg, dass wir am Schluss noch einmal alle aufdrehen konnten, dass die Leute, die neunzig Minuten gespielt haben, voll durchziehen konnten und auch noch gute Leute von der Bank gekommen sind. Wenn du körperlich fitter bist, bist du ja auch im Kopf fitter, steckst einige Leerläufe besser weg und triffst bessere Entscheidungen.

Cheftrainer Rolf Landerl hat sich beim VfB Lübeck zuvor vier Jahre lang im Sattel gehalten. Was macht er vielleicht besser als andere, dass er nun auch in Horn am Ruder geblieben ist?

Er hat ein breites Repertoire, nicht nur, was die Trainingsübungen betrifft, sondern auch als Mensch. Er haut keine Phrasen raus, ist authentisch. Deshalb hängen ihm alle Spieler an den Lippen und es kommen die Abnützungserscheinungen vielleicht erst viel später zum Tragen, oder gar nicht. Es war in den letzten Trainings übrigens auch sehr spannend zu sehen, wie schnell er einschreitet, wenn jemand bei einer Passübung vielleicht dazu neigt, etwas schlampig zu werden. Es soll jetzt nur ja kein Schlendrian einkehren.

Sie haben bereits Ende Mai verlängert, gleich wieder um zwei Jahre. Warum?

Für mich war das auch ein Bekenntnis zum Verein. Der Verein schenkt mir das Vertrauen und das gebe ich auch gerne zurück. Ich bin jetzt bald 27 Jahre alt und da plant man schon auch ein bisschen länger voraus. Horn hat eine Top-Infrastruktur, die manche Bundesligisten nicht einmal haben, und ist dennoch ein familiärer Verein geblieben. Ich habe hier mittlerweile mit sehr vielen Menschen freundschaftliche Verhältnisse und bin Horn doch schon sehr verbunden.

Das sind die Trainer der österreichischen Zweitligisten

Ich habe das offizielle Journal der 2. Liga mitgebracht. Der Bewerbssponsor hatte Sie vor dem Saisonstart nicht so auf der Rechnung: Kein Klub hatte eine schlechtere Meisterquote als Horn, nämlich 50:1. Haben Sie das gewusst?

(sieht sich die Quoten aller Vereine an und schluckt) Nein, das habe ich nicht gewusst. Das seh' ich jetzt zum ersten Mal. Vielleicht, weil wir letzte Saison keine Topplatzierung gehabt haben. (überlegt kurz) Dann nehmen wir das gerne so an, vielleicht auch als Motivationshilfe. Es wäre jetzt nach drei Spielen aber bitte auch vermessen, über einen möglichen Meistertitel zu reden.

Dann zu den "Amateur"-Teams. Wie empfinden Sie als jahrelanger Zweitliga-Spieler die Teilnahme der sogenannten zweiten Mannschaften?

Es ist verständlich, dass Rapid, Austria und Sturm sich hier platzieren wollen, um ihre Talente ausbilden zu können, damit der Sprung für sie nicht zu groß wird in die Bundesliga. Das Ligaformat gibt es her, das nutzen die Vereine, das ist ihr gutes Recht. Österreich ist wohl auch zu klein für 16 Traditionsvereine in der 2. Liga. Das sieht man auch Jahr für Jahr, wenn Vereine, hauptsächtlich aus dem Westen, aus finanziellen Gründen auf den Aufstieg verzichten.

Es ist immer leiwander, man spielt gegen die Vienna vor ein paar tausend Leuten auf der Hohen Warte, als gegen die Zweitvertretung der Austria.

Andree Neumayer

Für mich als Spieler ist es immer leiwander, man spielt gegen die Vienna vor ein paar tausend Leuten auf der Hohen Warte, als gegen die Zweitvertretung von der Austria vor ein paar hundert Leuten. Ich selbst habe mir auch schon manchmal den Sport-Club angeschaut, vor allem wenn sie im "Derby of Love" gegen die Vienna mit meinem Freund Marcel Toth gespielt haben. Hoffentlich kommen die auch bald wieder rauf.

Tut es dann auch weh, dass in Horn nicht immer so viele Zuschauer kommen?

Es war nicht immer so wie jetzt. Als wir von der Regionalliga in die 2. Liga aufgestiegen sind, waren die Spiele immer gut besucht. Mit Corona kam ein massiver Einbruch, da gibt es sicher viele Gründe. Aber das ist ja nicht nur in Horn so, und zuletzt gegen Blau-Weiß waren schon wieder etwas mehr. Mir persönlich ist es sogar lieber, ich werde auswärts wo g'scheit beschimpft, als wenn es überall nur ruhig ist. Wir Spieler müssen halt selbst die beste Werbung betreiben, gut punkten und schönen Fußball bieten. Dann kommen in Horn sicher viele wieder zurück.

Was ist sportlich jetzt wirklich möglich?

In dieser Liga kann jeder jeden schlagen, was ja jetzt gerade wir selbst bewiesen haben. Umgekehrt können wir auch gegen jeden verlieren, wenn wir nicht hundert Prozent geben. Wir müssen jetzt sehr demütig bleiben. In der letzten Saison sind wir am Anfang fünf Runden ungeschlagen gewesen und am Ende im Abstiegskampf gesteckt. Ein kleiner Vorteil jetzt ist, dass wir mittlerweile ein bisschen routinierter sind. Ein eingeschworener Haufen sind wir obendrein, die Teambuilding-Woche vor Saisonbeginn war da sehr hilfreich. Unsere neun Neuen haben sich alle gut eingelebt.

Offenbar auch Patrik Mijic, der nun gegen seinen Ex-Klub Dornbirn sicher topmotiviert ist.

Ja, klar. Er hat in den vergangenen Spielen schon bewiesen, dass er einen unglaublichen Torriecher hat und ständig für Gefahr sorgen kann. Ich glaube, dass wir zukünftig über noch ein paar weitere Treffer von ihm jubeln können. So ist er auch ein super Kerl. Überhaupt hat man hier gerade das Gefühl, dass jeder mit jedem gut kann. Das ist natürlich sehr wichtig, weil die Spieler, die nicht zum Zug kommen, immer ein wenig unzufrieden sind. Logischerweise. Der Patrik war ja zuletzt auch 'nur' Joker. Ich bin gespannt ob das in Dornbirn wieder der Fall ist.

2. Liga - 4. Spieltag

Klar ist, dass Sie als Erster beim Letzten der Favorit sind.

Ja, das ist natürlich eine gefährliche Situation. In den Medien, oder bei dem einen oder anderen im Freundeskreis wird da vielleicht schon von der 'g'mahten Wiesen' geredet. Aber das ist überhaupt nicht so. Jeder, der schon länger in der 2. Liga spielt, weiß, dass es in Dornbirn nicht so einfach zu bestehen ist. Wenn wir verlieren, weil die besser waren an dem Tag, okay, akzeptiert. Aber ich will bei der Heimfahrt im Bus sicher nicht sieben Stunden darüber nachdenken und mich ärgern müssen, dass der eine oder andere vielleicht doch nicht alles gegeben hat.

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