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Hamsik im Interview: "Der 'Iro' musste weg"

Teammanager über die EM-Aussichten der Slowakei

Hamsik im Interview: "Der 'Iro' musste weg"

Neue Frisur, neuer Job: Marek Hamsik.

Neue Frisur, neuer Job: Marek Hamsik. picture alliance/imago images

Herr Hamsik, wie lange haben Sie nachgedacht, als Sie das Angebot des slowakischen Verbandes erhalten haben?

Keine Sekunde. Ich wollte den Job unbedingt und bin froh, dass es die Chance gab, mit Trainer Francesco Calzona zusammenzuarbeiten.

Das bedeutet, Sie hatten ursprünglich ohnehin geplant, dem Fußball nach Ihrer Spielerkarriere erhalten zu bleiben?

Ja, das war ein logischer Schritt. Als ich meine Karriere beendet hatte, wollte ich zunächst Jugendtrainer werden, arbeite seitdem in meiner Akademie in Banska Bystrica als U-15-Coach. Und fürs Nationalteam zu arbeiten, noch dazu an Calzonas Seite, ist eine überragende Schule.

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15 Monate vor Ihrem eigenen Engagement beim Verband empfahlen Sie Präsident Jan Kovacik ebenjenen Calzona als Trainer. Weil Sie seine Arbeit noch aus Neapel kannten?

Genau. Ich hatte damals die Gelegenheit, drei Jahre mit ihm zusammenzuarbeiten, als er Maurizio Sarri assistierte. Schon damals wusste ich, dass er das Ziel hatte, Cheftrainer zu werden. Gut, dass es dann im Sinne des slowakischen Fußballs mit einer Zusammenarbeit geklappt hat.

Hatten Sie vor Ihrer Kontaktaufnahme einen Kollegen, der Calzona ebenfalls kannte, konsultiert?

Das nicht. Ich habe den Namen nur unserem Verbandspräsidenten vorgeschlagen - und ihm hat die Idee gefallen. Trotzdem waren es keine einfachen Verhandlungen. Deshalb bin ich froh, dass alle Seiten - die des Verbandes und die unseres Trainers - sich zusammengesetzt und eine gemeinsame Basis gefunden haben.

Die Spieler haben sich mittlerweile an Calzonas Stil gewöhnt, wissen, was sie wann zu tun haben.

Marek Hamsik

Wurde Ihnen nicht mulmig zumute, als sein Start mit einer Niederlage und vier Remis gegen schlagbare Gegner misslang?

Nein, ich habe auch keinen besonderen Druck gespürt. Ich kannte ja sein System, wusste, wie er arbeitet, dass er Fußball lebt und immer 100 Prozent gibt. Sicher dauerte es etwas, bis sich die Mechanismen bei den Spielern eingeschliffen hatten, aber nach einem Jahr ist seine Handschrift, eben dieser italienische Stil, spürbar.

Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

Natürlich. Fast meine gesamte Karriere habe ich in der Serie A verbracht, kenne ihren Stil - und sehe davon auch einiges beim Team. Die Spieler haben sich mittlerweile an Calzonas Stil gewöhnt, wissen, was sie wann zu tun haben. Manches passiert schon ganz automatisch. Des Trainers Handschrift wird sichtbar, auch deshalb fällt ihm die Arbeit nun leichter als noch zu Beginn.

Würden Sie sich wünschen, dass Calzona nach der EM weitermacht? Einen Vertrag hat er ja bis 2025 - obwohl er zuletzt auch die SSC Neapel trainiert, bei der zur neuen Saison Antonio Conte übernimmt.

Seinen Vertrag hatte der Trainer schon verlängert, bevor der slowakische Verband ihn für das viermonatige Engagement in Neapel freigab. Das war unsere Bedingung, und deshalb bin ich froh, dass er bis Ende 2025 auch bei uns bleibt.

Wie schwierig war es, Calzonas Aushelfen in Neapel zu akzeptieren?

Es war schon eine Herausforderung - für den Coach aber die Erfüllung eines Traums. Für die Slowakei war es aber auch eine gute Werbung, immerhin hat die Meldung fast jedes Medium aufgenommen. Zum Glück kam all das in einer Zeit, in der wir nur ein Länderspiel zu bestreiten hatten. Direkt nach Ende der Serie-A-Saison hat der Coach seine EM-Vorbereitungen intensiviert. Die vier Monate waren für alle Seiten von Vorteil.

Ein Trainer muss den Fußball leben, zur Not 14 Stunden am Tag. Das habe ich gelernt.

Marek Hamsik

Belgien, die Ukraine und Rumänien: Übersteht die Slowakei die Gruppe E?

Es ist eine herausfordernde Gruppe, weil uns das stärkste Team aus den Play-offs zugelost wurde. So ist sie noch ausgeglichener. Der klare Favorit ist Belgien, und wir kämpfen mit den übrigen drei Teams um Platz 2.

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Einige Einheiten überlässt Calzona Ihnen. Ist es Ihr Ziel, einmal Nationaltrainer zu werden?

(lacht) Ich bin noch etwas zu jung, um darauf richtig zu antworten. Aber im Ernst: Die gesamte Zeit nach meiner Karriere ist für mich ein Lernprozess. Umso mehr, als dass Calzona mir die Chance gibt, auch mal ein Training zu übernehmen. Dafür bin ich ihm dankbar. Klar liegt es auch an der Sprache, immerhin spreche ich Italienisch und Slowakisch.

Wie unterscheidet sich der "Trainer" und Manager Hamsik vom Spieler?

Der "Iro" musste weg ..., aber Spaß beiseite: Ich bin verantwortungsvoller, gerade als Trainer geht es nicht nur ums reine Üben, sondern darum, alles im Blick zu haben, das Umfeld, das Verhalten der Spieler, die Kommunikation. Ein Trainer muss den Fußball leben, zur Not 14 Stunden am Tag. Das habe ich gelernt.

Dieses Interview erschien im EM-Sonderheft des kicker

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