Tennis

Alcaraz krönt sich gegen Djokovic zum Wimbledon-Sieger

Tennis, Finale in Wimbledon

Djokovic entthront: Alcaraz krönt sich nach Krimi erstmals zum Wimbledon-Sieger

Wimbledon-Sieger 2023: Carlos Alcaraz.

Wimbledon-Sieger 2023: Carlos Alcaraz. Getty Images

Ihr letztes Duell hatte ein unrühmliches Ende genommen. Im Halbfinale der French Open hatte Alcaraz' Körper gestreikt, der Spanier musste aufgeben. In Wimbledon sollten die Zuschauer hingegen voll auf ihre Kosten kommen. Für Djokovic war es das 35. Endspiel bei einem Grand Slam, damit zog er an der legendären Chris Evert (34) vorbei. "Für Novak ist es einfach ein weiteres Mal. Für mich wird es der beste Moment meines Lebens", hatte Alcaraz vor dem Match gesagt, für den es erst das zweite Finale bei einem Major war.

Zunächst schien es, als würde Djokovic das Händchen ein wenig zittern. Wie bereits im Halbfinale gegen Jannik Sinner musste er gleich im ersten Aufschlagspiel einen Breakball abwehren, satte sieben Minuten kämpfte der Serbe, letztlich erfolgreich, gegen den Serviceverlust an. Alcaraz erging es schlechter. Sein Kontrahent gewann die ersten drei Punkte, auch dank einer genialen Vorhand cross. Den dritten Breakball nutzte die Nummer zwei der Welt, brachte sein Aufschlagspiel anschließend mit etwas Mühe zur 3:0-Führung durch. 

Djokovic holt Satz eins nach 34 Minuten

Zu viele Vorhand-Fehler, die Aufschläge ungenau, dazu ein variabler Djokovic - Alcaraz gewann im windigen Wimbledon zwar so manch spektakulären Punkt, die Spiele gingen aber weiter ausnahmslos an den Djoker. Dem 20-Jährigen dürfte zumindest ein kleiner Stein vom Herzen gefallen sein, als er mit einem herrlichen Vorhand-Passierschlag aus dem Lauf zumindest auf 1:5 verkürzte.

Der dominante Djokovic ließ sich davon nicht beirren. Alcaraz ließ nach dem nächsten Unforced Error erstmals gegenüber seiner Box gehörig Dampf ab, kurz darauf war Satz eins weg. 6:1 für Djokovic - ganze 34 Minuten benötigte er dafür. Djokovic schlug mit fünf Winnern zwar zwei weniger als der Spanier, allerdings leistete er sich auch nur zwei unerzwungene Fehler, der weitaus risikobereitere Alcaraz dagegen neun.

Satz zwei beginnt umkämpft

Der zweite Durchgang begann aus Alcaraz' Sicht deutlich besser. Sein eröffnendes Aufschlagspiel brachte er souverän über die Runde, anschließend holte er sich nach einer verschlagenen Djokovic-Vorhand - im Gegensatz zum ersten Durchgang - das Break. Es blieb jedoch dabei, dass Alcaraz die Konstanz im Spiel fehlte, sodass er das direkte Re-Break herschenkte. Djokovic, der sichtlich Probleme beim Aufschlag hatte und seinen Ballwurf immer wieder unterbrechen musste, glich trotz eines erneuten Breakballs für Alcaraz zum 2:2 aus.

In der Folge entwickelte sich ein Duell auf Augenhöhe, die Ballwechsel und Aufschlagspiele waren hochklassig. Mit Ausnahme vom ersten Spiel des Satzes gingen die ersten fünf Durchgänge allesamt über Einstand - das sechste schnappte sich Djokovic nach 0:30-Rückstand zum 3:3 mit vier aufeinanderfolgenden Punkten. Der Serbe musste kurz drauf eine Schrecksekunde überstehen. Beim Stand von 4:4 und 15:30 aus seiner Sicht versuchte er, einen Longline-Schlag von Alcaraz zu erreichen, dabei rutschte er weg und überstreckte das Bein. Der Serbe sammelte sich kurz, konnte aber weitermachen. 

Alcaraz beendet Tiebreak-Rekord von Djokovic

Alcaraz schnappte sich auch das Spiel und war danach drauf und dran, sich Satzbälle zu erarbeiten, doch unter anderem eine erfolgreiche Challenge des Serben sorgte dafür, dass der 36-Jährige das Spiel am Ende nach einem spektakulären Ballwechsel samt Netzroller für sich entschied. Beide Spieler brachten ihr Spiel in der heißen Phase des Satzes durch, so dass der Tiebreak her musste.

Ein schwieriges Unterfangen für Alcaraz, schließlich hat sich Djokovic den Ruf als Tiebreak-Experte gesichert, die letzten 15 Tiebreaks bei Grand-Slam-Turnieren - davon sechs in Wimbledon - entschied der Serbe für sich. Rekord. Aber alle Serien reißen irgendwann, so auch diese. Djokovic zeigte plötzlich Nerven, bei eigenem Satzball und 6:6-Zwischenstand setzte der Rekord-Grand-Slam-Sieger zwei Rückhandschläge direkt hintereinander untypischerweise ins Netz. Beim daraus resultierenden Satzball erwischte Alcaraz Djokovic mit einem grandiosen Rückhand-Return auf dem falschem Fuß: Satzausgleich. 

Djokovic hadert - Alcaraz mit frühem Break und dem Satzgewinn

Alcaraz schien durch den Satzgewinn beflügelt, Djokovic wiederum haderte sichtlich mit seinem eigenen Spiel, mit einem erneuten unerzwungenen Fehler gab er sein eigenes Aufschlagspiel an den US-Open-Sieger von 2022 ab. Im Gegensatz zum zweiten Satz bestätigte Alcaraz das frühe Break. Djokovic musste gar um das Doppelbreak fürchten, konnte dies jedoch verhindern und war sogar drauf und dran, zum 2:2 auszugleichen. Alcaraz konnte - dank eines Djokovic-Fehlers und Servicewinners - jedoch zwei Breakbälle abwehren und auf 3:1 stellen. 

Es blieb dabei, dass Djokovic sich schwer tat, Spiele zuzumachen. Erneut lag er 40:15 vorne, erneut ließ er Alcaraz herankommen. Starke Winner wechselten sich ab mit schier unerklärlichen Fehlern - alleine in Satz drei standen am Ende 19 Unforced Errors beim Serben zu Buche. Mit seinem siebten Breakball nach sage und schreibe 25 Minuten Spiellänge schnappte sich Alcaraz das Doppelbreak zum 4:1. Die folgenden beiden Spiele endeten dagegen im Schnelldurchlauf. Acht der zehn restlichen Punkte gingen an Alcaraz, der Durchgang drei mit 6:1 gewann. 

Djokovic stemmt sich gegen das Break - und schafft es selbst

im darauffolgenden Durchgang wäre Alcaraz beinahe erneut mit 2:0 in Führung gegangen - Djokovic konnte jedoch zwei Breakbälle abwehren und den Verlust des eigenen Spiels verhindern. Stattdessen spielte er aggressiver, so gelang es ihm nach einiger Zeit mal wieder, auch bei Aufschlag Alcaraz für Gefahr zu sorgen. Mit seinem dritten Breakball glückte ihm die 3:2-Führung, die er in der Folge zum 4:2 ausbaute. Der Serbe ließ Alcaraz nicht noch einmal zurück in den Satz kommen. Ein Doppelfehler von Alcaraz besiegelte das 3:6 aus seiner Sicht. 

Schläger von Novak Djokovic

Der demolierte Schläger von Novak Djokovic. Getty Images

Somit ging es in den entscheidenden fünften Durchgang, in dem Alcaraz, wie bereits in den Sätzen zuvor, früh Breakchance hatte. Djokovic wehrte sie ab und ließ im darauffolgenden Spiel die Riesenchance auf das Break zum 2:0 liegen, als er einen Vorhandvolley unbedrängt ins Netz zimmerte. Alcaraz kam mit einem Schrecken davon und glich zum 1:1 aus. Und besser noch aus seiner Sicht: Ihm gelang daraufhin das Break zum 2:1, nachdem Djokovic ihm mit einem unerzwungenen Fehler den Breakpunkt ermöglicht hatte und dann ans Netz lief und Alcaraz für einen Longline-Passierball einlud. Djokovic musste Wut ablassen und zertrümmerte seinen Schläger am Netzpfosten. 

Von Nervosität bei Alcaraz keine Spur

Mit dem Break im Rücken schlug Alcaraz befreit auf - von Nervosität beim 20-Jährigen kaum eine Spur. Nach 4:42 Stunden verwandelte er seinen ersten Matchball zum 1:6, 7:6 (8:6), 6:1, 3:6, 6:4-Erfolg. Damit gewinnt Alcaraz nach den US-Open seinen zweiten Grand-Slam-Titel - zum ersten Mal in Wimbledon. Er ist der erste Sieger im All England Club außerhalb der "Big-Four" bestehend aus Djokovic, Roger Federer, Rafael Nadal und Andy Murray seit Lleyton Hewitt 2002. 

Für Djokovic geht mit der Niederlage eine Serie von 34 Siegen in Serie in Wimbledon zu Ende. Sein letztes Spiel verlor Djokovic beim Rasen-Klassiker zuvor im Viertelfinale 2017, als er gegen den Tschechen Tomas Berdych zu Beginn des zweiten Satzes aufgeben musste - Alcaraz war damals 14 und noch auf der Junioren-Tour unterwegs. Seine letzte Niederlage auf dem Center Court kassierte der Serbe gar vor zehn Jahren - damals unterlag er im Finale Andy Murray. 

kon, las

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