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"Das Größte auf dieser Welt": Dauser gewinnt Olympia-Silber am Barren

Erste Medaille für die Turner

"Das Größte auf dieser Welt": Dauser gewinnt Olympia-Silber am Barren

Holte Silber: Lukas Dauser.

Holte Silber: Lukas Dauser. AFP via Getty Images

Lukas Dauser kletterte mit der deutschen Fahne in der Hand auf den Barren und stellte sich jubelnd auf die beiden Holme. Mit einer exzellenten Vorführung hat der Unterhachinger am Montag zum Abschluss der Turn-Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Tokio sensationell die Silbermedaille gewonnen und schrie schon direkt nach dem Abgang seine Freude heraus. Mit 15,700 Punkten musste sich der 28-Jährige nur dem Chinesen Jingyuan Zou (16,233) geschlagen geben. Dritter wurde der Türke Ferhat Arican mit 15,633 Punkten.

"Ich kann das noch gar nicht realisieren", stammelte der überwältige Sportler danach am ZDF-Mikrofon. "Für mich ist das immer noch wie im Film, der ganze Tag schon, die letzten Tage." Von seiner Übung war er schon die ganze Zeit in Tokio überzeugt. "Am Ende hat es für Silber gereicht. Das ist unfassbar geil, ich bin richtig froh und happy. Besser als heute hätte es nicht laufen können." Nun werde gefeiert! "Ich werde erstmal heute Abend den DOSB fragen, ob die genug Alkohol im Dorf haben, damit wir das eine oder andere Bier mit den Trainern zusammen trinken können", kündigte Dauser breit grinsend an.

Ich werde erstmal heute Abend den DOSB fragen, ob die genug Alkohol im Dorf haben.

Lukas Dauser

Am Mittwoch gehe es dann zurück nach Deutschland - mit Silber im Gepäck! "Dass ich dieses Ding mit nach Hause nehmen darf, das ist das Größte für mich auf dieser Welt", schwärmte der Turner.

Zuletzt hatte Dausers Unterhachinger Vereinskollege Marcel Nguyen bei den Spielen 2012 in London ebenfalls Barren-Silber geholt. Dauser verhinderte mit seiner überzeugenden Übung zudem, dass der Deutsche Turner-Bund ohne Medaille aus Tokio abreisen muss. Bei den Spielen 2016 in Rio de Janeiro hatten Fabian Hambüchen (Wetzlar) Gold am Reck und Sophie Scheder (Chemnitz) Bronze am Stufenbarren gewonnen.

Taktieren kam für ihn nicht in Frage

Zu seinem ersten olympischen Einzel-Finale ließ sich Lukas Dauser mit dem Taxi chauffieren, statt den Bus zu nehmen. Im Wettkampf dann setzte er nicht alles auf eine Karte: Als Letzter der Konkurrenz ging der Unterhachinger ans Gerät und turnte wie in der Qualifikation die Schwierigkeit 6,7. Ein Taktieren durch Anpassen des Ausgangswertes um ein Zehntel nach oben als Reaktion auf die Resultate seiner Konkurrenten kam für ihn nicht in Frage. "Ich werde vor dem Wettkampf wissen, welche Übung ich turne und die dann turnen und nicht noch während des Wettkampfes mir einen Kopf machen, was ich dann am Ende turne", hatte er zuvor klargestellt.

Standortwechsel macht sich bezahlt

Für den Erfolg und vor allem neuen Spaß am Turnen war der gebürtige Bayer im vorigen Jahr von Berlin nach Halle an der Saale umgezogen. Dort trainiert er mit den anderen Auswahlturnern Nick Klessing (Halle) und Nils Dunkel (Erfurt) bei Hubert Brylok. Seither habe er wieder diese Leidenschaft fürs Training und richtig Lust, sich zu schinden in der Turnhalle. Das war ihm in Berlin abhanden gekommen. "Das hat man in den letzten Monaten und im letzten Jahr gesehen, dass ich da wieder mit größter Leidenschaft und vollem Enthusiasmus dabei bin", berichtete er über die Auswirkungen des Standortwechsels.

Der 61-jährige frühere EM-Zweite ist für den BWL-Studenten zu einer Vertrauensperson geworden und betreut ihn auch neben Olympia-Trainer Valeri Belenki in Tokio. Es sei alles sehr, sehr harmonisch, sagte Dauser. "Man merkt, dass wir zusammen ein Team sind und das gleiche Ziel haben. Das treibt uns beide voran."

Der als sehr akkurat geltenden Dauser fühlt sich wohl in seinem neuen Umfeld. "Das ist einfach für mich extrem wichtig, dass ich mich gut vorbereiten kann und wohlfühle", gab der deutsche Mehrkampf-Meister zu. Erster auch zählbarer Erfolg war im April Platz drei und die zweite internationale Medaille bei den Europameisterschaften an seinem Paradegerät nach Barren-Silber bei der EM 2017.

Dass ausgerechnet der Barren sein Lieblingsgerät ist, an dem er auch ein eigenes Element - den Dauser - kreiert hat, erklärt er mit der Vielfältigkeit der möglichen Elemente. "Das Coole am Barren ist, es sind mal relativ schnelle Bewegungen, Knallerbewegungen, aber dann gibt es auch wieder so eine kleine Halteposition im Handstand, wo der Zuschauer oder auch der Turner mal kurz durchatmen kann, und dann geht es wieder relativ rasant weiter", sagte Dauser.

dpa

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