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EM 2024: Calzona: "Wir haben in der zweiten Hälfte gelitten"

Eine Achterbahnfahrt der Gefühle für mutige Slowaken

Calzona: "Wir haben in der zweiten Hälfte gelitten"

Francesco Calzona herzte nach Schlusspfiff Denis Vavro.

Francesco Calzona herzte nach Schlusspfiff Denis Vavro. IMAGO/Bildbyran

Nach dem Schlusspfiff dauerte es nur wenige Sekunden, bis die slowakischen Spieler den Rhythmus ihrer Fans gefunden hatten. Überschwänglich hüpften und tanzten sie nach dem Überraschungssieg gegen den turmhohen Favoriten Belgien über den Rasen auf ihre Fankurve zu. Gut und gerne 20.000 Fans der Slowaken waren völlig aus dem Häuschen und verwandelten ihre Tribünenseite in ein Tollhaus. "Es waren zigtausend Fans da - Frauen, Kinder, Männer. Vielleicht war dieser Sieg eine unerwartete Freude für sie. Ich bin tief berührt, sie so froh zu sehen", sagt Trainer Francesco Calzona.

240617 EURO2024 BELGIUM VS SLOVAKIA Ivan Schranz (26) of Slovakia celebrates after a soccer game between the national teams of Belgium, called the Red Devils and Slovakia on the first matchday in Group E in the group stage of the UEFA EURO, EM, Europameisterschaft,Fussball 2024 tournament , on Monday 17 June 2024 in Frankfurt , Germany . PHOTO SPORTPIX Maarten Straetemans FRANKFURT GERMANY PUBLICATIONxNOTxINxBELxUKxUSA Copyright: xx 463913

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Der von der UEFA als bester Spieler ausgezeichnete Sechser Stanislav Sobotka ergänzt: "Die Fans haben uns immer unterstützt, auch schon während der Qualifikation. Auch dank ihnen hatten wir diese Energie. Dieser Sieg ist auch für unser Land. Wir haben jedem gezeigt, dass wir große Qualität haben."

Bis zum erlösenden Schlusspfiff erlebte der Underdog in der zweiten Hälfte jedoch eine Zitterpartie mit einigen Schrecksekunden. Belgiens Sturmkante Romelu Lukaku avancierte zweimal zum Pechvogel, als seine Tore vom VAR kassiert wurden. Zunächst stand er haarscharf im Abseits, als er den Ball über die Linie drückte (56.). Auch auf den zweiten Jubel in der Schlussphase folgte die Ernüchterung, da dem eingewechselten Lois Openda der Ball in der Torentstehung an den Arm sprang.

Umso größer war der Jubel unter den slowakischen Fans, die jedes zurückgenommene Tor wie einen eigenen Treffer feierten - eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Einen weiteren Schreckmoment gab es in der 63. Minute, als David Hancko einen Schuss des eingewechselten Johan Bakayoko in höchster Not auf der Linie klärte.

"Wir haben keine Angst gespürt"

Man muss nicht lange um den heißen Brei herumreden: Aufgrund des zweiten Durchgangs handelt es sich um einen glücklichen Sieg. "Wir haben in der zweiten Hälfte gelitten, aber das war gegen so einen Gegner voraussehbar. Meine Mannschaft hat das gemacht, was ich verlangt habe und ohne Angst gespielt", resümiert Calzona. In der Furchtlosigkeit sieht Lobotka den Schlüssel zum Sieg: "Wir haben keine Angst gespürt, obwohl der Gegner Belgien hieß. Zwar haben wir viele Fehler gemacht, Bälle verloren und ein bisschen Glück gehabt. Trotzdem haben wir gezeigt, dass wir konkurrieren können. Wir brauchen auch weiterhin ein großes Herz."

Es ist kein Zufall, dass das Tor des Tages dem mutigen Anlaufen an der gegnerischen Eckfahne entsprang. Natürlich muss sich der belgische Flügelflitzer Jeremy Doku an die eigene Nase packen, dass er den Ball nach einem eigenen Einwurf leichtfertig vertändelte. Allerdings darf sich den Ballverlust auch Stürmer Robert Bozenik auf die Fahne schreiben, da er energisch störte. Juraj Kucka scheiterte bei seinem Abschluss zunächst noch an Belgiens Keeper Koen Casteels, den Nachschuss versenkte dann aber Ivan Schranz.

Calzona sieht "Top-Leistung"

Trotz einiger brenzliger Abspielfehler des erfahrenen Torwarts Martin Dubravka folgte auf die Führung die stärkste Phase der Slowakei. Bis zur Pause ließ der Außenseiter nur wenig zu, stellte die Räume im Mittelfeld gut zu und spielte ein ums andere mal schnörkellos nach vorne. Für die spektakulärste Szene sorgte der umtriebige Lukas Haraslin, als er Casteels mit einem Volleyschuss zu einer Parade zwang (40.). Im zweiten Durchgang wurden die Entlastungsangriffe weniger, doch mit Fortuna im Bunde und einem großen Kampf brachte die Slowakei den Sieg über die Zeit.

Trainer Calzona spricht von einer "Top-Leistung" und betont: "Wir widmen diesen Sieg dem slowakischen Volk, das uns von der 1. bis zur 90. Minute unterstützt hat." Der Grundstein ist gelegt, um zum zweiten Mal nach 2016 in ein EM-Achtelfinale einzuziehen. Damals schied die Slowakei gegen Deutschland (0:3) aus.

Julian Franzke

Bilder zur Partie Belgien gegen Slowakei