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Calzona: "Wir bereiten uns auf das Spiel unseres Lebens vor"

Blitze, Donnerschläge und ein kollektiver Jubel

Calzona: "Wir bereiten uns auf das Spiel unseres Lebens vor"

Ekstase in Frankfurt: Slowenien feiert den zweiten Achtelfinal-Einzug der Geschichte.

Ekstase in Frankfurt: Slowenien feiert den zweiten Achtelfinal-Einzug der Geschichte. IMAGO/LaPresse

Erst brachen im Himmel alle Dämme und es schüttete wie schon lange nicht mehr bei einem Spiel im Frankfurter Waldstadion. Eine wahre Sintflut. "Ganz ehrlich? So ein Wetter habe ich noch nie erlebt. Zuerst diese unglaubliche Hitze, dann schlug das Wetter innerhalb von 45 Minuten komplett um. Alles war klatschnass, das Wasser lief in Strömen und auf dem Platz bildeten sich Pfützen", erzählt Sechser Stanislav Lobotka (29). Blitze schlugen nur einen Steinwurf entfernt von der Arena ein. Zum Glück befanden sich zu diesem Zeitpunkt alle Fans unterm Tribünendach.

Als Schiedsrichter Daniel Siebert um Punkt 19.53 Uhr das Spiel abpfiff, brachen auch auf dem Rasen sämtliche Dämme. Wie von einer Tarantel gestochen stürmten alle Mann von der slowakischen und rumänischen Bank auf den Rasen, wo sich große Jubeltrauben bildeten. Auf den Rängen lagen sich die Fans in den Armen, Glückseligkeit so weit das Auge reicht. Da beiden Mannschaften das 1:1 zum Einzug ins Achtelfinale reichte, war es für alle ein gefühlter Sieg. Dass ein ganzes Stadion aus dem Häuschen ist, erlebt man nicht oft.

Lauter als bisher bei EM-Spielen in Frankfurt

Bei keinem der drei zuvor in Frankfurt ausgetragenen EM-Spiele war es dermaßen laut in der Arena, schon gar nicht beim "Heimspiel" der DFB-Elf gegen die Schweiz. Allen voran die gut und gerne 35.000 in Gelb gekleideten Rumänen veranstalteten ein gewaltiges Spektakel. Man hätte es auch verstanden, wenn sie ihre Wut über die wieder einmal katastrophalen Bedingungen im öffentlichen Nahverkehr herausgebrüllt hätten. Doch für diesen Ärger war während des Spiels kein Platz. Der slowakische Anhang musste sich mächtig ins Zeug legen, um sich zumindest ab und an etwas Gehör zu verschaffen. Für einen solchen Moment sorgte der frühere Kölner Mittelfeldspieler Ondrej Duda, als er in der 24. Minute eine maßgeschneiderte Flanke von Mittelfeldpartner Juraj Kucka per Kopf im Netz versenkte.

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Eine harte Schiedsrichterentscheidung führte dazu, dass keine Viertelstunde später der Ausgleich fiel. Linksverteidiger David Hancko traf seinen Gegenspieler Ianis Hagi zunächst leicht vor dem Strafraum, danach fädelte der rumänische Rechtsaußen bei einem weiteren schwachen Kontakt auf der Sechzehnmeterlinie ein. Nach einem VAR-Eingriff korrigierte Siebert seine ursprüngliche Entscheidung (Freistoß) und zeigte auf den Punkt. Allen voran David Strelec (64.) und Lukas Haraslin (66.) hätten die Weichen in der zweiten Hälfte noch einmal auf Sieg stellen können. Unterm Strich wäre das jedoch etwas zu viel des Guten gewesen, da Rumänien ein Chancenplus (6:4) verzeichnete.

"Ich bin glücklich, dass wir uns für die K.-o.-Runde qualifiziert haben, aber auch mit der Leistung zufrieden. Es ist uns gelungen, unseren eigenen Stil auf den Platz zu bringen", resümiert Trainer Francesco Calzona. Er betont, die Einstellung der Mannschaft verändert zu haben: "Wir spielen sehr offensiven Fußball. Ich versuche, den Jungs die Mentalität einzutrichtern, immer offensiv zu spielen. Wenn diese Mannschaft guten Fußball spielt, bin ich glücklich."

FRANKFURT AM MAIN, GERMANY - JUNE 26: Edward Iordanescu, Head Coach of Romania, speaks to the media in a post match press conference after the UEFA EURO 2024 group stage match between Slovakia and Romania at Frankfurt Arena on June 26, 2024 in Frankfurt am Main, Germany. (Photo by Harriet Lander - UEFA/UEFA via Getty Images)

Remis-Pakt mit der Slowakei? Rumänien-Coach wird sauer: "Beschämend"

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Erst in den Schlussminuten gewann man auf der Tribüne das Gefühl, dass beide Teams gut mit diesem 1:1 leben können. Dass ein Remis für beide zum Weiterkommen reichen würde, stand schon vor dem Anpfiff fest. Doch ein "Nichtangriffspakt" wurde ganz offensichtlich nicht geschmiedet, beide Mannschaften versuchten über weite Strecken, schnell ins Angriffsdrittel zu spielen. Bei den Slowaken sorgte einmal mehr der technisch versierte Linksaußen Haraslin für einigen Wirbel. "Niemand kann behaupten, dass meine Mannschaft nicht 90 Minuten lang Gas gegeben hätte", bekräftigt Calzona.

"Niemand hätte auch nur einen Euro auf uns gewettet"

Als die Slowakei vor acht Jahren zum bislang einzigen Mal im EM-Achtelfinale stand, zog sie gegen Deutschland deutlich den Kürzeren und verlor 0:3. Auch diesmal ist die Slowakei mit ihren 5,4 Millionen Einwohnern der krasse Außenseiter. "Wir bereiten uns auf das Spiel unseres Lebens vor", sagt Calzona. Da wusste er noch nicht, ob der Gegner England oder Spanien heißt. Eine Prognose, wie weit sein Team kommen kann, wagt er nicht. Aber die Rolle als Underdog schmeckt ihm offensichtlich: "Niemand hätte vor dem Turnier auch nur einen Euro auf uns gewettet. Umso glücklicher bin ich, dass wir jetzt im Achtelfinale stehen." Angesichts der bislang äußerst dürftigen Leistungen der Engländer ist die Slowakei keineswegs chancenlos. Calzona freut sich auf "eine große Feier". Sie soll am Sonntag noch nicht zu Ende sein.

Julian Franzke

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