EM

Drei Engländer vergeben vom Punkt - Italien besteigt den Thron

Nach Shaws 116-Sekunden-Tor und Bonuccis Antwort fällt die Entscheidung aus elf Metern

Drei Engländer vergeben vom Punkt - Italien besteigt den Thron

Das frühe 1:0 für England: Luke Shaw trifft nach einer Flanke per Direktabnahme. 

Das frühe 1:0 für England: Luke Shaw trifft nach einer Flanke per Direktabnahme.  getty images

Am Ende fiel die Entscheidung aus elf Metern. Schütze gegen Torhüter, das direkte Duell. 120 Minuten lang hatten sich England und Italien einen aufopferungsvollen Kampf geliefert. Die Azzurri hatten mehr als dreimal so viele Torschüsse abgegeben wie die Three Lions (19:6), sie hatten mehr Ballbesitz gehabt (66 Prozent), und sie hatten mehr Zweikämpfe gewonnen (52 Prozent). Am Ende aber, nach mehr als zwei Stunden Spielzeit, wurde die Frage nach dem Europameister am Elfmeterpunkt verhandelt. 

Dort vergaben Belotti und Jorginho für Italien, doch bei England zeigten gleich drei Schützen Nerven: erst Rashford, dann Sancho und schließlich Saka. So krönte sich Italien zum zweiten Mal nach 1968 zum Europameister. Ein großer Triumph, der nicht zuletzt auf die Beständigkeit zurückzuführen ist, die die Elf von Trainer Roberto Mancini während des gesamten Turniers ausgezeichnet hat.

England im neuen System - Shaw trifft früh

Während Italien mit derselben Startelf wie beim Halbfinale gegen Spanien in die Partie gegangen war, hatte Englands Nationaltrainer Gareth Southgate im Vergleich zum Dänemark-Spiel zwar nur eine Änderung vorgenommen - mit dieser war aber ein Systemwechsel einhergegangen. Trippier ersetzte Saka, aus dem 4-2-3-1 wurde ein 3-4-3, in dem Shaw und eben Trippier auf den Flügeln agierten. 

Die Three Lions legten ihr Spiel breit an und trugen ihre Angriffe gezielt über die Flügel vor. Eine Herangehensweise, mit der die Italiener gerade zu Beginn der Partie Probleme hatten. So dauerte es nicht einmal zwei Minuten, ehe England zur ersten Großchance kam und diese auf Anhieb nutzte: Trippier flankte von der rechten Seite an den zweiten Pfosten, dort lief Shaw ein und nahm am Fünfmeterraum direkt ab - 1:0 für England nach exakt 116 Sekunden. 

Chiesa verfehlt das Tor nur knapp

Nach dem frühen Gegentor musste Italien in die Offensive gehen, die Squadra Azzurra tat sich aber schwer, kompakte Engländer in Verlegenheit zu bringen. Insigne setzte einen Freistoß zu hoch an (8.), später vergab Chiesa Italiens beste Möglichkeit der ersten Hälfte: Der 23-Jährige schüttelte zwei Gegenspieler ab und versuchte es aus 20 Metern, verfehlte das Tor aber knapp (35.). Weil Stones in der Nachspielzeit noch einen Schuss von Immobile blockte (45.+1), ging es mit einem 1:0 für England in die Kabinen. 

Auch nach dem Seitenwechsel waren es die Gastgeber, die im Londoner Wembley-Stadion die ersten Akzente setzten, doch Bonucci war in höchster Not zur Stelle, als Sterling im Sechzehner der Italiener Fahrt aufgenommen hatte (48.). 

Leonardo Bonucci (in Blau)

Der verdiente Ausgleich für Italien: Leonardo Bonucci trifft zum 1:1. imago images

Die Azzurri mussten nun ihrerseits mehr und mehr riskieren. England ließ sich zurückdrängen und wurde passiver, Italien kam zu Abschlüssen, doch Insigne zielte auch bei einem zweiten Freistoß aus vielversprechender Position nicht genau genug (51.), ehe Chiesa mit einem Flachschuss an Pickford scheiterte (62.). Fünf Minuten später lag der Ball dann doch im Netz: Nach einer Ecke kam Verratti zum Kopfball, Pickford lenkte die Kugel mit einer exzellenten Tat an den Pfosten - Bonucci staubte ab (67.).

Southgate reagiert und stellt um

Das 1:1 hatte sich abgezeichnet. Southgate reagierte prompt und wechselte Saka für Trippier ein. Die Folge: die Rückkehr zum 4-2-3-1. Dass das Gegentor Wirkung hinterlassen hatte, konnte England aber auch nach der Systemumstellung zunächst nicht verbergen. 

Italien war im zweiten Abschnitt obenauf, der eingewechselte Berardi vergab aber eine gute Gelegenheit (73.). Weil beide Teams in der Schlussphase das Risiko scheuten, ging es nach 14:4 Torschüssen für Italien in die Verlängerung. In dieser klärten beide Torhüter je einmal in höchster Not bei scharfen Flanken - erst Pickford vor Bernardeschi (103.), dann Donnarumma vor Stones (108.). Sonst war in beiden Strafräumen nicht allzu viel los. Es gab Elfmeterschießen - mit dem besseren Ende für Italien.